Rest in Power! İn der Nacht vom 6. Januar ist in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Mülheim Saarn nach einem Einsatz der Polizei ein Mann aus Guinea gestorben. Die Bullen machen bislang wenig Angaben. Aber alles riecht nach: eskalativen Vorgehen der Polizei, übermäßiger Gewaltanwendung und Gewahrsamstod. Von den Ermittlungen durch die Polizei Bochum können wir keine Aufklärung erhoffen. Wenn ihr in der Nähe wohnt/aktiv seid, versucht vor Ort Kontakt zu Mitbewohner:innen und/oder der Unterkunft aufzunehmen. Lasst versuchen, die Angehörigen mit dem Verlust nicht allein zu lassen und Unterstützungsstrukturen aufzubauen.

Der 23-jährige Ibrahim Bary starb Samstagabend, dem 06.01.2024, nach mehrmaligem Taser-Einsatz und Gewaltanwendung durch die Polizei in Mülheim an der Ruhr, im „Flüchtlingsdorf Saarn“.

2016 ist Ibrahim im Alter von 16 Jahren als unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter aus Guinea nach Deutschland gekommen. Er durfte nicht arbeiten, hatte kaum Geld und Schwierigkeiten Fuß zu fassen. Ein selbstbestimmtes Leben blieb ihm in Deutschland verwehrt. Ibrahim war in Mülheim bekannt. Noch kurz vor seinem Tod hat er sich mit Freunden in der Stadt getroffen. Sie beschreiben ihn als einen liebenswerten, aber auch verzweifelten jungen Mann, der es im Leben schwer hatte – „er hatte einfach nie Glück“.

Die Freunde von Ibrahim sind bestürzt und schockiert über seinen Tod. Sie fragen sich, ob die Polizei nicht hätte anders handeln können. Sie haben in der Presse gelesen, wie nun über ihren Freund berichtet wird: drogensüchtig, gewalttätig, kriminell. Sie erzählen eine andere Geschichte von Ibrahim. Eine Geschichte, die vielen Geschichten von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gleicht, die auf sich alleine gestellt sind und keine Perspektiven haben.

In der Erstaufnahmeunterkunft an der Mintarder Straße fiel Ibrahim offenbar schnell die Decke auf den Kopf. Man stufte ihn als psychisch erkrankt ein, psychologische Unterstützung erhielt er aber nicht. Am Wochenende befindet sich nur der Sicherheitsdienst in der Unterkunft, die mit psychischen Ausnahmesituationen schnell überfordert sind, so auch in der Nacht vom 06. Januar. Uns wurde erzählt, dass er in der Unterkunft keine Bekanntschaften hatte und bis auf ihn nur Ukrainer:innen dort untergebracht seien. Zwischen ihm, den einzigen Schwarzen in der Unterkunft, und den Ukrainer:innen hätte es immer wieder Probleme gegeben, es wurde sich häufig über ihn beschwert.

Eine von vielen Fragen lautet, warum Ibrahim ausgerechnet in dieser Erstaufnahmeunterkunft untergebracht wurde. Ein städtischer Sicherheitsdienst kann nicht den Job einer therapeutischen Betreuung übernehmen.

Am Samstagabend hat die offensichtlich überforderte Security-Firma Vollmer der DRK-geleiteten Unterkunft die Polizei wegen Ibrahim gerufen. Über das weitere Geschehen kennen wir bislang nur die Aussagen der Pressestelle der Polizei. Mindestens zweimal wurde mit einem Taser auf Ibrahim geschossen. Wann genau Ibrahim durch die Gewaltanwendung gestorben ist, bleibt unklar. So sei er entweder im Rettungswagen vor der Unterkunft gestorben oder erst später im Krankenhaus. Die Ergebnisse der beauftragten Obduktion stehen noch aus. Dennoch wird bereits über einen Zusammenhang zwischen möglichem Drogenkonsum und dem Tod von Ibrahim spekuliert.

Was wir bereits mit Sicherheit wissen: Ibrahim wäre noch am Leben, wenn die Polizei nicht immer wieder eskalativ und mit äußerster – tödlicher – Gewalt in Situationen eingreift, die Deeskalation erfordern. Das Ziel der Polizei ist in diesem konkreten Fall die Festnahme – mit allen Mitteln. Die Polizei will nicht aus ihren tödlichen Fehlern lernen und betreibt wieder einmal eine Täter-Opfer-Umkehr. Insbesondere der Einsatz von Tasern hat immer wieder Todesfolgen gehabt.

In einer vertraulichen Dienstanweisung für die Polizei wird ausdrücklich vor dem Einsatz der Elektropistolen „zur Bewältigung von dynamischen Lagen“ gewarnt. Seit 2021 werden Taser in NRW, auch durch das Votum der Grünen, eingesetzt. Bei den Koalitionsverhandlungen einigte man sich darauf, die Taser bis 2024 erstmal weiter zu testen. Wie viele Menschen sollen noch Opfer von diesen tödlichen Tests werden? Die SPD-Opposition im Landtag erwartet spätestens in der nächsten Sitzung des Innenausschusses am 18. Januar einen Einsatzbericht von NRW-Innenminister Hebert Reul (CDU).

Wir wollen nicht länger zusehen, wie vor allem geflüchtete und migrantisierte Menschen immer wieder durch die Polizei umgebracht wird.

Der Tod von Ibrahim Bary muss vollumfänglich aufgeklärt werden!

Der Einsatz von Tasern muss sofort gestoppt werden!

Institutioneller Rassismus muss ein Ende haben!

Das Lager-System muss abgeschafft werden!

Tödliche Polizeigewalt muss endlich ein Ende haben!

Das System muss sich ändern!

Ibrahim Bary, rest in power!


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